Mitten im Thron und um den Thron befinden sich vier Tiere. Auch hier ist nicht gemeint, daß Gott von vier Tieren umgeben ist, sondern diese vier Lebewesen, die sich mitten im Thron, das heißt in Gott befinden, sind das Bild für vier Wesenszüge Gottes. Zugleich sind sie um den Thron herum; in diesen vier Wesenszügen tut sich Gott der Welt kund.
Das Bild des Löwen bedeutet, daß Gott sich in Majestät und Kraft als Herrscher der Schöpfung offenbart und durchsetzt. Das Bild des Stieres (nicht „Kalb") erinnert an den Opferstier und will sagen, daß zum Wesen Gottes das Opfer gehört, das den Verlorenen retten will. Der Herr der Welt ist zugleich der,
Der lebendige Gott
der sich erbarmend der Welt annimmt. Das Bild des Menschen erinnert daran, daß der lebendige Gott sich so tief zu uns herabgeneigt hat, daß er unser Bruder wurde und in Jesus uns so nahe zu kommen versuchte wie nur möglich. Wenn er so erbarmend das schwerste Opfer für uns bringt und sich so tief zu uns herniederneigt, so verliert er doch nie den großen Gesamtplan mit der Welt aus dem Auge, sondern schaut wie der fliegende Adler mit Adlerblick klar aufs letzte Ziel und verfolgt es mit gradlinigem Flug.
Die sechs Flügel der Tiere wollen ausdrücken, daß der lebendige Gott ununterbrochen am Schaffen ist, daß der Geist Gottes überall eingreift, daß es keinen Ort gibt, da Gott nicht ist, und keinen Punkt der Weltgeschichte, um den Gott nicht weiß. Auch das, was von unsichtbaren dämonischen Mächten und von der Sünde der Menschen in der Welt bewirkt wird und eigentlich die Pläne Gottes durchkreuzen soll, wird von ihm in seine Pläne hineingezwungen und muß dem letzten Plan Gottes dienen, ohne daß wir dadurch irgendwie eine Entschuldigung für unser Handeln fänden. Gott durchwaltet die Weltgeschichte in umfassender Weise und ist so am Werk, daß sich nichts ihm entziehen kann. Das wollen die sechs Flügel sagen.
Die vier Tiere sind voll Augen vorn und hinten. Ebenso sind die sechs Flügel außen und inwendig voll Augen. Dieser Zug in dem Bild bedeutet einmal, daß Gott nicht blind handelt, sondern mit umfassendem Blick, so daß er alle seine Pläne in vollendeter Harmonie durchführt, auch wenn diese unserem beschränkten Blick noch nicht sichtbar ist. Zum andern wollen die Augen der sechs Flügel Gottes Allgegenwart deutlich machen. Nichts in der Welt entzieht sich dem Blick Gottes.
Er sieht uns immer. Was bedeutet das für die Gemeinde Jesu, wenn sie unter Druck und Not steht, daß sie weiß: auch dieser Abschnitt der Weltgeschichte vollzieht sich unter Gottes Augen, auch die letzte und schwerste Zeit des Antichristus.
Die vier Tiere haben keine Ruhe Tag und Nacht und rufen ständig: „Heilig, heilig, heilig ist der Herr!" Ohne Bild will dies besagen: Gott ist ununterbrochen am Schaffen; die heilige, einzigartige Majestät Gottes aber tut sich darin kund, daß
Weltgeschichte im Grundriß
der, der wie ein Löwe die Macht in der Welt hat, zugleich zum tiefsten Opfer („Opferstier") bereit ist, um uns zu retten, und sich wie ein Bruder in Jesus („Menschenantlitz") zu uns neigt und doch mit der Zielstrebigkeit und Klarheit des Adlers seine Pläne in unablässigem Schaffen durchführt.