Die staatlichen Mächte der ganzen Welt haben sich mit dieser Kultur verbündet und dadurch dem Anspruch Gottes entzogen. Sie haben das selbst oft gar nicht gemerkt. Sie bekannten sich mit ihrem Wort zu Gott und stellten sich schützend vor die Religion. Praktisch aber wurde Gott von einem Lebensgebiet nach dem anderen im politischen und wirtschaftlichen Leben ausgeschaltet. Die moderne Fabrik gehorchte anderen Gesetzen als den Lebenslinien Jesu Christi. Der gepriesene wirtschaftliche Aufschwung der letzten hundert Jahre war in Wahrheit eine große Revolution gegen Gottes Herrschaftsanspruch. Gott hatte im Wirtschaftsleben nichts zu sagen. Die Maschine ging über ihn zur Tagesordnung über. Ein unheimlicher anderer Geist band die Staatsmächte an sich.
Kein Staat hat sich dieser Entwicklung entziehen können, durch die Gottes Herrschaft im täglichen Leben ausgeschaltet und der Ehebruch ihm gegenüber verwirklicht wurde. Die moderne Technik hat ihre eigenen Gesetze. In dieser technischen Kultur gewinnen andere Mächte die Führung als Gott. Es ist eine
Die letzte Etappe der Weltgeschichte
Mammonskultur. Es geht alles ums Geld. Weil Gott abgesetzt ist, verliert der Mensch seinen Adel und wird zu einem Rädchen im großen Maschinensaal der modernen Technik.
Aber nicht nur die führenden Schichten der Völker begeistern sich für diese Kultur, sondern alle Bewohner der Erde werden trunken von dem Rauschtrank des modernen Lebens,
der sie zum Ehebruh Gott gegenüber verführt. Der Kulturrausch ergreift alle Schichten der Völker. Keiner will zu den bescheidenen, natürlichen Lebensformen vergangener Zeit zurück. Die Annehmlichkeiten des technischen Fortschritts schlagen alle in ihren Bann. Keiner kann sich der Maschine und ihrer Herrschaftsgewalt entziehen. Er wird sonst unmöglich und im Wirtshaftsleben konkurrenzunfähig. Es hat die moderne Kultur in der Tat etwas Faszinierendes. Wir möchten alle nicht mehr so primitiv wie unsere Väter leben. In unaufhaltsamer Arbeit wird die technische Kultur verfeinert. Niemand möchte mehr einen Eisenbahnwagen von 1900 besteigen. Es muß der gepolsterte, gut gefederte Wagen von heute sein. Niemand möchte mehr zur Postkutsche zurück, wo das Flugzeug die Kontinente verbindet. Wir sind alle dankbar für das elektrische Licht, den Fernsprecher, die Postverbindung durch die ganze Welt. Merkwürdigerweise ist durch all diese Fortschritte nichts gewonnen worden. Eigentlich müßten wir jetzt Zeitmillionäre sein. In Wirklichkeit wird die Zeit immer knapper, und wir sind alle gehetzte Leute. Wir sind an die Maschine angeschmiedet und müssen ihr Tempo mitleben. Auch wo man das Gift der modernen Kultur merkt, kann man doch nicht davon lassen. Alle Völker der Erde sind von dieser Kultur berauscht. Es stört sie nicht, daß sie in Europa und Amerika ihren Ausgangspunkt hat. Die verschiedensten Rassen, Völker und politischen Systeme sind in diesem Kulturrausch einig. Er erzeugt eine einheitliche Front Gott gegenüber und gestaltet ein Leben, das nach anderen Lebensgesetzen sich vollzieht. In dem modernen Kulturleben hat Gott nichts mehr zu sagen.
Dieser Kulturrausch wird als ein Wein bezeichnet, der zur Hurerei verführt. Mit Hurerei ist hier eine Geisteshaltung gemeint, die mit Gott gebrochen hat und den Menschen als oberstes Prinzip an die Stelle Gottes setzt. Der Mensch ist von seiner technischen Erfindungsgabe und seinem kulturellen
Die Zaubermacht der modernen Kultur
Fortschritt so berauscht, daß er es nicht mehr nötig hat, sich von Gott helfen zu lassen. Er ist selbständig geworden und glaubt, die Welt ohne Gott wunderbar gestalten zu können. Die Zahl, die Masse, das Geld, die Macht sind die beherrschenden Faktoren anstelle der Gebote und Lebenslinien Gottes.
Auch die Gemeinde Jesu lebt im Bannkreis der modernen Kultur und kann sich ihr nicht ohne weiteres entziehen. Sie lebt auf dieser Erde und nicht auf einem anderen Planeten. Es ist völlig unmöglich, daß die Christenheit jenseits der modernen Kulturentwicklung lebt. Sie ist in diesen ganzen Lebensprozeß eingeschlossen und lebt selber von ihm. Die Gemeinde Jesu kann den elektrischen Strom, die moderne Bauweise, die heutigen Verkehrsmittel nicht aus ihrem Leben ausschalten.
Sie muß notgedrungen all das gebrauchen, was ihr die technische Kultur darreicht. Es ist die große Frage, ob sie die Ergebnisse des modernen Erfindungsgeistes gebraucht, als besäße sie sie nicht, oder ob sie von diesen technischen Errungenschaften und von ihrem Geist besessen wird. Es ist die große Lebensmöglichkeit, die uns Jesus gibt, daß wir mitten in dem modernen Leben und seinen Erscheinungsformen stehen können, ohne dort unseren Lebensgrund und unsere Lebenserfüllung zu haben. Es gibt ein Verbundensein mit Christus, das unser eigentliches Leben ausmacht und uns in die Freiheit der modernen Kultur gegenüber stellt. Es ist die Frage, wo wir die letzte Erfüllung unseres Lebens finden, ob in Jesus oder in dem, was die moderne Kultur uns bietet.
Auch in den Reichgottesarbeiten, christlichen Kirchen und gläubigen Kreisen sind wir gegen den Einbruch des Geistes der modernen Kultur nicht ohne weiteres gesichert. Auch dort kann die Zahl, die Masse, das Geld, die Macht, der Betrieb eine unheimliche Gewalt gewinnen. Auch die Gemeinde Jesu kann sich an diese Linien so verlieren, daß sie von ganz falschen Zielsetzungen beherrscht wird und nicht mehr in dem stillen, verborgenen Lebenszusammenhang mit Jesus das Eigentliche und Wesentliche sieht. Sie kann von der Zahl so beeindruckt werden, daß der eine Sünder, der Buße tut und zu Jesus heimkehrt, ihr so geringfügig erscheint, daß sie ihn gar nicht mehr achtet. Es ist eine Katastrophe in der Christengemeinde, wenn sie nicht mehr die unscheinbare kleine Herde sein will,
Die letzte Etappe der Weltgeschichte
sondern Machtpositionen beziehen möchte und in der Statistik etwas bedeuten will. Das heißt trunken werden von dem Wein der Hurerei der modernen Kultur und ihren Gesichtspunkten.
Es geht darum, daß die Gemeinde des Christus in der Welt und doch nicht von der Welt ist, daß sie notwendigerweise an den Errungenschaften der technischen Kultur teilhat und doch ihr Leben aus ganz anderen Quellen, aus der verborgenen Lebensbeziehung mit Jesus selbst gestaltet, daß sie intensiv an der Arbeit ist und den technischen Fortschritt verwendet, aber weder auf die Technik noch auf die Organisation, noch auf den Betrieb, noch auf die Zahl ihre Hoffnung setzt, sondern allein auf Jesus Christus und den Geist, den er gibt. Sie weiß, daß alles andere nur Schein erzeugt und nur das, was dem Lebenszusammenhang mit Jesus erwächst, Wirklichkeit ist. Sie weiß auch, daß die Zahl und das Geld im Reich Gottes kein Gesichtspunkt ist, sondern daß vor Gott nur die von Christus gewirkte Geburt von obern Wert hat.